Die Geschichte des Absinth

Die Geschichte des Absinths beginnt mit seiner namensgebenden Zutat - Artemisia Absinthium, dem Gemeinen Wermut.

Viele alte Zivilisationen benutzten Wermut als Heilkraut. Die frühesten bekannten historischen Dokumente, die Wermut als Heilpflanze erwähnen, reichen Jahrtausende zurück. Eines der frühesten Beispiele kommt aus dem alten Ägypten.[1] Aber auch im antiken Griechenland gab es verschiedene Rezepte, in denen Wermut als Medizin verwendet wird. Einige der Rezepte beinhalten das Einlegen von Wermut in Wein.[2] Die Verbindung von Wermut und Alkohol war also schon frühhistorischen Kulturen bekannt.

Aber um festzustellen, wie aus der medizinischen Verwendung von Wermut das Genussgetränk Absinth wurde, sollten wir feststellen, wann und wo die erste Rezeptur formuliert wurde, aus der man den ersten Absinth herstellte.

Wer hat's erfunden?

Es wird allgemein angenommen, dass der erste echte Absinth in dem Schweizer Kanton Neuenburg im späten 18. Jahrhundert destilliert wurde. Eine Version der Legende besagt, dass der französische, in der Schweiz sesshafte Arzt Pierre Ordinaire das erste Rezept formulierte. Wahrscheinlicher ist, dass das Schwesternpaar Henriod das Rezept herstellte. Sicher ist, dass Absinth zu diesem Zeitpunkt, wie für Wermutrezepte üblich, als Elixir oder Allheilmittel verkauft wurde.[3]

1797 wurde das Rezept an Major Dubied verkauft, dessen Schwiegersohn Henry-Louis Pernod die erste französische Absinthdestillerie in Pontarlier errichten ließ. Unter dem neuen Firmennamen "Maison Pernod Fils" wurde hier der erste französische Absinth hergestellt.[4]

"Absinthe Pernod Fils" erreichte bald eine gewisse Beliebtheit, die dazu führte, dass Absinth immer häufiger auch als Genussgetränk konsumiert wurde.

Um 1840 wurde Absinth an französische Truppen in Algerien ausgegeben. Vermutete Begründungen der Verwendung des Destillats reichen von Desinfizierung verunreinigten Trinkwassers bis zur Vorbeugung gegen Malaria (selbstredend gibt es eine derartige Wirkung nicht). Heimkehrer brachten ihre Vorliebe für Absinth ins heimische Frankreich, und halfen der weiteren Verbreitung des Absinth als Genussgetränk.[5]

Um 1860 war der Absinthgenuss so weit verbreitet und kultiviert, dass in vielen Cafés und Bistros das Ritual der "Grünen Stunde" stattfand. Jeden Tag um 17:00 Uhr trafen sich Menschen aller verschiedenen sozialen Schichten, um ihren Absinth zu trinken.[6]

Zum Ende des 19. Jahrhunderts war Absinth eines der beliebtesten alkoholischen Getränke der Franzosen.
Aber auch in der Schweiz, Spanien und New Orleans hatte Absinth eine gewisse Popularität.

Schreiber, Dichter, Maler, Künstler aller Couleur waren dem Absinth besonders zugeneigt. Viele Gedichte und Gemälde können wir heute noch betrachten, um uns einen lebhaften Eindruck der Absinthkultur der Belle Époque zu machen.

Jean Béraud gilt als einer der bedeutenden Maler der Belle Époque. Seine Bilder muten oft an dokumentarische Schnappschüsse einer vergangenen Ära an. Eine ganze Reihe von Béraud's Bildern zeigt absinthtrinkende Paare in gastronomischer Szenerie.
Eines der bekannteren Stilleben mit Absinthmotiv stammt von Vincent Van Gogh. Auch Picasso, Degas und Manet stellten Absinth in ihren Bildern dar.

Im frühen 20. Jahrhundert bildete sich eine gewaltige Opposition gegen den Absinth. Die zunehmend einflussreiche Abstinenzbewegung in Frankreich sah in Absinth das Grundübel, das für den vermeintlichen moralischen Verfall der Bevölkerung verantwortlich war. Wissenschaftliche Artikel brachten Absinth und das im Wermut enthaltene Thujon in Verbindung mit krankhaften Erscheinungen.[7]
Und nicht zuletzt sahen Weinhersteller im Absinth eine unerwünschte Konkurrenz. Organisierte Weinhersteller trugen ihren Teil dazu bei, Absinthkonsum als schwer toxisch und sogar tödlich darzustellen (mehr in Was ist Thujon?).
Viele Zeitungen druckten Karikaturen ab, mit denen man die Bevölkerung vom Absinthkonsum abschrecken wollte.

Von besonderer Bedeutung war ein tragischer Mordfall, der sich 1905 ereignete. Ein schweizerischer Bauer brachte im Alkoholrausch seine Familie um. In der Verhandlung wurde bekannt, dass der Mörder vor der Tat beträchtliche Mengen an Wein und Weinbrand, und dazu zwei Gläser Absinth trank. Der Mordfall wurde durch die Abstinenzbewegung und der Weinlobby genutzt, um die öffentliche Stimmungsmache gegen Absinth weiter zu schüren.[8]

Beginnend mit Belgien in 1906 wurden nach und nach in vielen europäischen Ländern Absinthverbote erlassen.
Schlussendlich kam das französische Verbot in 1914.

Um die enstandene Marktlücke zu füllen, wurden neue Spirituosen erfunden. Viele Absinthgenießer stellten in ihren eigenen vier Wänden anishaltige Brände ohne Wermut her, die allgemein als "Pastiche" bezeichnet wurden. 1932 wurde der erste, jetzt "Pastis" genannte Pastiche kommerziell vertrieben. In Frankreich ist Pastis heute der populärste Aperitif.[9]

In den 1990ern erfuhr die Produktbezeichnung Absinth eine Wiederbelebung. Da die Verbotsverfahren vorwiegend Länder betrafen, in denen Absinth einen großen Absatz fand, war Absinth in einigen europäischen Ländern nie verboten. Vorwiegend osteuropäische Hersteller exportierten ihre als Absinth etikettierten Wermutschnäpse in zunehmenden Mengen. Marketingkampagnen der Hersteller bezogen sich auf die Belle Époque und ihre Absinthkultur, und täuschten Konsumenten mit der Behauptung es handle sich um das gleiche Getränk (mehr in Was ist Absinth?).[10]

Von Chemikern durchgeführte wissenschaftliche Untersuchungen deckten auf, dass die Absinthverbote auf falschen Annahmen beruhten (mehr in Was ist Thujon?). Die frühen 2000er sahen die ersten Aufhebungen von Absinthverboten in Belgien, Holland und der Schweiz. Französische Brennereien begannen erneut die Produktion für den Export, teilweise nach authentischen Rezepturen.

Ted Breaux, ein US-amerikanischer Chemiker, widmete seine Arbeit der Analyse originaler Absinthe. Viele der jüngeren Erkenntnisse über die chemische Zusammensetzung originalen Absinths gehen auf seine Arbeit zurück.[11]

In 2011 wurde endlich auch das französische Verkaufsverbot aufgehoben, und inzwischen kommen viele der besten authentischen Absinthe wieder aus Frankreich.

Und heute?

Authentischer Absinth ist in einigen Ländern wieder beliebt. In den USA entwickelt sich eine Kultszene um Absinth und seine Trinkkultur. Auch Frankreich sieht ein wachsendes Interesse, viele Pariser Cafés und Geschäfte haben Absinth wieder im Programm. Im Ursprungsland, der Schweiz, werden auch wieder diverse authentische Absinthe produziert.
Und sogar in der Tschechischen Republik, aus der berüchtigterweise viele Pseudo-Absinthe kommen, stellen heute einige Brennereien hochwertige authentische Absinthe her.

Auch Deutschland hat seit der Aufhebung des Verbotes in 1981 eine langsam, aber stetig wachsende Nachfrage nach Absinth. Allerdings ist der deutsche Markt heute weitgehend im Griff der Hersteller unauthentischer Absinthe. Uninformierte Kundschaft auf der einen Seite, und fehlende Regulierung der Produktbezeichnung auf der anderen, machten es vielen Herstellern leicht, ihre qualitativ minderwertigen Wermutschnäpse als Absinth zu vermarkten und guten Absatz zu finden. Sogar viele Spirituosenhändler plappern den Marketing-Unfug dieser Hersteller nach, da man hier natürlich gut mitverdient.

FeeVerte.de will dazu beitragen, den deutschen Absinthkonsumenten aufzuklären. Wir glauben, der deutsche Konsument will den echten Absinth der Belle Époque, und kein unauthentisches Ersatzprodukt. Darum ist es so wichtig, den Unterschied zu kennen. Denn nur durch gut informierte Kundschaft und gezielte Nachfrage wird sich das Angebot bessern.

Damit man endlich echten Absinth bekommt, wenn man Absinth bestellt!